Quelle: "Das Riesengebirge in Wort und Bild", Ausgabe Juli 1883

Ein verschollenes Kupfer- und Schwefelsäurewerk im Riesengrunde

von Josef Czerweny, Bergverwalter

Der Weg, welcher, der Großen Aupa folgend, aufwärts durch den unvergleichlich herrlichen Riesengrund führt, verlässt unweit der Bergkapelle die grünen Wiesen des Tales und strebt am fuße des Rosenberges allmählich bergan, der Bergschmiede zu. Verlässt man nun bei der erwähnten Kapelle den Weg und folgt der Talsohle nördlich, zuerst über die Wiesen dem Prokopistollen zu (sein Mundloch befindet sich etwa in 950 m über Seehöhe; er bildet den Haupteinbau der Arsenik-Riesenzeche, wozu auch das Schachthaus, die Bergschmiede, gehört), dann weiter gegen den Kiesberg hin, den Aupakessel links liegen lassend, so findet man zwischen dem Stollen und dem Fuße des Kiesberges einige größere und kleinere Trümmerhalden und einige verfallene, aus zusammengetragenen Steinen gebildete trockene Mauern, welche Steine von den fleißigen Baudenbewohnern von den Wiesen entfernt werden, um reichlicheren Graswuchs zu erzielen.

In diesen Gesteinshalden und Mauern fand ich im verwichenen Jahre bei näherer Besichtigung eine ziemliche Menge Schlacken, die ich genauer untersuchte. Dieselben enthalten außer kieselsauerem Kalk und Eisenoxydul ziemlich viel Schwefeleisen und etwas Schwefelkupfer. Sowohl diese chemische Zusammensetzung, als auch das äußere Aussehen dieser Schlacken, das dem eines dunkelgrünen, mit rötlichen Streifen durchzogenen Glase ähnlich ist, lässt mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass sie nur von einem Kupferschmelzofen herrühren können. Mündliche Überlieferungen bestätigen dieses, wenn auch eine Zeitangabe fast unmöglich ist. Die Annahme, dass diese Schlacken hier etwa von Eisenherden herstammen, ist ganz ausgeschlossen, weil hier, außer ganz untauglichen Magnetkiesen, keine Eisenerze vorkommen, hingegen finden sich in den Gängen des Kiesberges und des Rosenberges Kupferkiese genug, um darauf ein bescheidenes Kupferschmelzwerk zu basieren; es wurden ja auch in diesem Jahrhundert diese Kiese im Arsenikwerk zu Riesenhain zu Kupfer verschmolzen. Nicht zu verwechseln damit ist die ehemalige Kupferzementhütte, welche sich an derselben Stelle befand, wo heute die obenerwähnte Arsenikhütte steht. Dieses Zementwerk wurde noch im 17. Jahrhundert von den Besitzern der Herrschaft Altbuch (Dewagy) betrieben und bezog die Erze und Zementwässer aus dem Blaugrunde. Auch sei erwähnt, dass die Schlackenstückchen, die man auf der Straße vom Petzer abwärts findet, nicht aus dem Riesengrunde, sondern aus dem Zehgrund (unweit des Petzergasthauses) herstammen, allwo vor Zeiten ein Eisenhochofen stand, dessen Schlackenhalden in der Neuzeit als Straßenschotter Verwendung finden.

Doch gehen wir einige hundert Meter weiter und steigen den Schuttkegel des Kiesberges hinan. Auf demselben findet man, teils einzeln zerstreut, teils in größeren Partien, eigentümlich zinnoberrot gefärbte, sehr quarzreiche, dem Glimmerschiefer angehörige Steine; diese sind bald durch und durch gleichmäßig gefärbt, bald zeigen sie beim Zerschlagen im Inneren einen schmutzig grauen Kern, der mit Pyritkristallen durchwachsen ist; oft fehlen aber auch diese, indem der Pyrit zu Limonit umgewandelt erscheint. Steigt man noch weiter, so kreuzt man den alten Schneekoppenweg, der wohl heute noch als Viehtrieb benützt wird, und kommt bei den alten Schächten und Stollen vorbei, die jetzt ganz absonderliche Namen führen (z.B. "die große Weitung", "die Pferdetränke", "Kuckuckschacht" etc.); beklopft man die Felswände, so kann man an zahlreichen Stellen die Fundorte jener pyritreichen Gesteine finden, doch nicht rot, sondern grau und mehr oder weniger an Schwefelkies reich. In die alten Stollen und Schächte kann man aber leider nicht eindringen, weil sie dermalen alle voll Wasser stehen.

Die roten Steine zeigen ganz zweifellos die Spuren der Einwirkung des Feuers, d.h. sie wurden einstens geröstet und zwar zum Zwecke der Erzeugung von Schwefelsäure. Derartige Unternehmungen waren früher im Riesengebirge mehrere, so z. B. im Blaugrunde; man nannte sie hierzulande gewöhnlich Vitriolbrennereien. Ein anderes Produkt als Schwefelsäure gaben diese Mineralien nicht, weshalb auch hier die einzige Annahme berechtigt ist, dass hier ehemals eine Vitriolbrennerei existierte, wenn auch meines Wissens darüber kein schriftliches Dokument meldet. Es ist geschichtlich erwiesen, dass im 15. und 16. Jahrhundert Italiener in unseren Gebirgen Erze suchten und auch fanden, und dass sie auch Vitriolbrennereien errichteten; auch produzierten sie Arsenik, welchen sie insbesondere zur Erzeugung eines schönen, damals nur ihnen bekannten Glasflusses benützten, welches Geheimnis sie lange Zeit zu ihren großen Vorteile zu wahren wussten. Dass diese Italiener (die Wälschen), besonders die Venetianer, im Riesengrunde auch Arsenikerzeugten, ist höchst wahrscheinlich, denn nirgends im Gebirge gibt es eine solche Menge von Arsenikkiesen, als gerade hier. Die oben erwähnten roten Rückstände rühren aber nicht von Arsenkiesen her, sonst würden sie die bekannten, nie fehlenden braunen und schwarzen Anlauffarben zeigen.

Ich glaube, diese Beobachtungen in den Annalen unseres Vereins aufbewahren zu müssen, denn von Jahr zu Jahr werden diese Merkmale ehemaliger Tätigkeit im Gebirge mehr und mehr verwischt; jetzt kann man sich wohl noch an Ort und Stelle von der Richtigkeit des Dargelegten überzeugen, nach und nach aber wird das nicht mehr der Fall sein und es wäre zu bedauern, wenn dergleichen Tatsachen ganz und gar in Vergessenheit anheim fallen sollten. Nicht nur der gewöhnliche Einfluss der Atmosphäre ist im Stande, über manches Werk von Menschenhand einen undurchdringlichen Schleier auszubreiten; elementare Ereignisse, wie sie uns aus dem Jahre 1882 noch in frischer Erinnerung sind, mögen so manches Denkmal vergangener Jahrhunderte für immer der Nachwelt entrückt haben, was für unser liebes Riesengebirge umso bedauerlicher ist, als schriftliche Erinnerungen nur sehr spärlich erhalten oder wenigstens nicht zugänglich sind.

Pyrit = Schwefelkies (Katzengold)
Limonit = Brauneisenerz oder Brauneisenstein

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