von Josef Czerweny, Bergverwalter
Der Weg, welcher, der Großen Aupa folgend, aufwärts durch den unvergleichlich
herrlichen Riesengrund führt, verlässt unweit der Bergkapelle die grünen Wiesen
des Tales und strebt am fuße des Rosenberges allmählich bergan, der Bergschmiede
zu. Verlässt man nun bei der erwähnten Kapelle den Weg und folgt der Talsohle
nördlich, zuerst über die Wiesen dem Prokopistollen zu (sein Mundloch befindet
sich etwa in 950 m über Seehöhe; er bildet den Haupteinbau der Arsenik-Riesenzeche,
wozu auch das Schachthaus, die Bergschmiede, gehört), dann weiter gegen den
Kiesberg hin, den Aupakessel links liegen lassend, so findet man zwischen dem
Stollen und dem Fuße des Kiesberges einige größere und kleinere Trümmerhalden
und einige verfallene, aus zusammengetragenen Steinen gebildete trockene Mauern,
welche Steine von den fleißigen Baudenbewohnern von den Wiesen entfernt werden,
um reichlicheren Graswuchs zu erzielen.
In diesen Gesteinshalden und Mauern fand ich im verwichenen Jahre bei näherer
Besichtigung eine ziemliche Menge Schlacken, die ich genauer untersuchte. Dieselben
enthalten außer kieselsauerem Kalk und Eisenoxydul ziemlich viel Schwefeleisen
und etwas Schwefelkupfer. Sowohl diese chemische Zusammensetzung, als auch das
äußere Aussehen dieser Schlacken, das dem eines dunkelgrünen, mit rötlichen
Streifen durchzogenen Glase ähnlich ist, lässt mit ziemlicher Sicherheit annehmen,
dass sie nur von einem Kupferschmelzofen herrühren können. Mündliche Überlieferungen
bestätigen dieses, wenn auch eine Zeitangabe fast unmöglich ist. Die Annahme,
dass diese Schlacken hier etwa von Eisenherden herstammen, ist ganz ausgeschlossen,
weil hier, außer ganz untauglichen Magnetkiesen, keine Eisenerze vorkommen,
hingegen finden sich in den Gängen des Kiesberges und des Rosenberges Kupferkiese
genug, um darauf ein bescheidenes Kupferschmelzwerk zu basieren; es wurden ja
auch in diesem Jahrhundert diese Kiese im Arsenikwerk zu Riesenhain zu Kupfer
verschmolzen. Nicht zu verwechseln damit ist die ehemalige Kupferzementhütte,
welche sich an derselben Stelle befand, wo heute die obenerwähnte Arsenikhütte
steht. Dieses Zementwerk wurde noch im 17. Jahrhundert von den Besitzern der
Herrschaft Altbuch (Dewagy) betrieben und bezog die Erze und Zementwässer aus
dem Blaugrunde. Auch sei erwähnt, dass die Schlackenstückchen, die man auf der
Straße vom Petzer abwärts findet, nicht aus dem Riesengrunde, sondern aus dem
Zehgrund (unweit des Petzergasthauses) herstammen, allwo vor Zeiten ein Eisenhochofen
stand, dessen Schlackenhalden in der Neuzeit als Straßenschotter Verwendung
finden.
Doch gehen wir einige hundert Meter weiter und steigen den Schuttkegel des Kiesberges
hinan. Auf demselben findet man, teils einzeln zerstreut, teils in größeren
Partien, eigentümlich zinnoberrot gefärbte, sehr quarzreiche, dem Glimmerschiefer
angehörige Steine; diese sind bald durch und durch gleichmäßig gefärbt, bald
zeigen sie beim Zerschlagen im Inneren einen schmutzig grauen Kern, der mit
Pyritkristallen durchwachsen ist; oft fehlen aber auch diese, indem der Pyrit
zu Limonit umgewandelt erscheint. Steigt man noch weiter, so kreuzt man den
alten Schneekoppenweg, der wohl heute noch als Viehtrieb benützt wird, und kommt
bei den alten Schächten und Stollen vorbei, die jetzt ganz absonderliche Namen
führen (z.B. "die große Weitung", "die Pferdetränke", "Kuckuckschacht"
etc.); beklopft man die Felswände, so kann man an zahlreichen Stellen die Fundorte
jener pyritreichen Gesteine finden, doch nicht rot, sondern grau und mehr oder
weniger an Schwefelkies reich. In die alten Stollen und Schächte kann man aber
leider nicht eindringen, weil sie dermalen alle voll Wasser stehen.
Die roten Steine zeigen ganz zweifellos die Spuren der Einwirkung des Feuers,
d.h. sie wurden einstens geröstet und zwar zum Zwecke der Erzeugung von Schwefelsäure.
Derartige Unternehmungen waren früher im Riesengebirge mehrere, so z. B. im
Blaugrunde; man nannte sie hierzulande gewöhnlich Vitriolbrennereien. Ein anderes
Produkt als Schwefelsäure gaben diese Mineralien nicht, weshalb auch hier die
einzige Annahme berechtigt ist, dass hier ehemals eine Vitriolbrennerei existierte,
wenn auch meines Wissens darüber kein schriftliches Dokument meldet. Es ist
geschichtlich erwiesen, dass im 15. und 16. Jahrhundert Italiener in unseren
Gebirgen Erze suchten und auch fanden, und dass sie auch Vitriolbrennereien
errichteten; auch produzierten sie Arsenik, welchen sie insbesondere zur Erzeugung
eines schönen, damals nur ihnen bekannten Glasflusses benützten, welches Geheimnis
sie lange Zeit zu ihren großen Vorteile zu wahren wussten. Dass diese Italiener
(die Wälschen), besonders die Venetianer, im Riesengrunde auch Arsenikerzeugten,
ist höchst wahrscheinlich, denn nirgends im Gebirge gibt es eine solche Menge
von Arsenikkiesen, als gerade hier. Die oben erwähnten roten Rückstände rühren
aber nicht von Arsenkiesen her, sonst würden sie die bekannten, nie fehlenden
braunen und schwarzen Anlauffarben zeigen.
Ich glaube, diese Beobachtungen in den Annalen unseres Vereins aufbewahren zu
müssen, denn von Jahr zu Jahr werden diese Merkmale ehemaliger Tätigkeit im
Gebirge mehr und mehr verwischt; jetzt kann man sich wohl noch an Ort und Stelle
von der Richtigkeit des Dargelegten überzeugen, nach und nach aber wird das
nicht mehr der Fall sein und es wäre zu bedauern, wenn dergleichen Tatsachen
ganz und gar in Vergessenheit anheim fallen sollten. Nicht nur der gewöhnliche
Einfluss der Atmosphäre ist im Stande, über manches Werk von Menschenhand einen
undurchdringlichen Schleier auszubreiten; elementare Ereignisse, wie sie uns
aus dem Jahre 1882 noch in frischer Erinnerung sind, mögen so manches Denkmal
vergangener Jahrhunderte für immer der Nachwelt entrückt haben, was für unser
liebes Riesengebirge umso bedauerlicher ist, als schriftliche Erinnerungen nur
sehr spärlich erhalten oder wenigstens nicht zugänglich sind.
Pyrit = Schwefelkies (Katzengold)
Limonit = Brauneisenerz oder Brauneisenstein